Josef Dieckmann

 

Seine unterschiedlichen Ausbildungsgänge weisen auf die Vielseitigkeit seines künstlerischen Werkes hin. An der Akademie, der Kunsthochschule in München,
wurde u.a. Malerei, Graphik und Bildhauerei gelehrt. An den sog. Werkkunstschulen, Berufsfachschulen für Handwerker und Werkgestalter, die nach 1945 aus den Handwerker- und Kunstgewerbeschulen hervorgegangen waren, studierte man bis
zu acht Semestern bis zur Abschlussprüfung. In seiner Lehre zum Malerhandwerk lernte er die Grundlagen vom Anstrich von Bauwerken und Innenräumen sowie Einzelgegenständen bis zur Malerei; dies konnte dann zur Weiterbildung an den
Fach-und Meisterschulen sowie den Kunstgewerbeschulen führen. Aus diesen vielseitigen Ausbildungen erwuchs ein umfassendes Werk, aus den verschiedensten Kunstsparten sind daher Werke von seiner Hand vorhanden: Malerei, Zeichnung, Druckgraphik, Skulpturen aus Holz und Metall, sowie der Mosaik-und Glaskunst.
Josef Dieckmann schuf in erstaunlicher Fülle Werke im öffentlichen Raum, in Kirchen und profanen Gebäuden, auf Plätzen, in Parks, sowohl in Nordrhein-Westfalen und
als auch in Niedersachsen. Zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen machten sein Werk über seine Heimatstadt Hamm hinaus bekannt. Josef Dieckmann ist außerdem Mitglied im Kreiskunstverein Beckum-Warendorf.Josef Dieckmann wurde 1930 in Hamm-Bockum-Hövel geboren. Von 1945 bis 1948 erhielt er eine Ausbildung im Malerhandwerk. Von 1949 bis 1952 studierte er an der damaligen Werkkunstschule 

in Münster bei Professor Vincenz Pieper, von 1953 bis 1954 an der Akademie in München bei Professor Richard Seewald. Seit 1955 ist er als freischaffender Künstler in Hamm/Westfalen tätig. Bis 1977 war er freier Mitarbeiter bei dem Kirchenmaler Ludwig Baur in Telgte.

 

Josef Dieckmann erhielt seine Ausbildung unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg. Dies war eine Zeit, in der sich auch in der Stilgeschichte der bildenden Kunst eine entscheidende Wende bzw. ein Neuanfang vollzog. Wichtige und einflussreiche Kunstzentren waren damals Paris und New York. Die unterschiedlichen Kunst-strömungen fasste man unter dem Begriff „ Abstrakter Expressionismus“ zusammen. Kunst wird zum Ausdrucksträger von miteinander wetteifernden und ungehemmt
sich äußernder Emotionen. Gleichzeitig stand man im ganz konkreten Sinn vor den Trümmern des zweiten Weltkrieges, im materiellen wie im geistigen Sinn. Zerstörte Gebäude mussten wiederaufgebaut werden. Dazu gehörte die Entwicklung einer neuen Formensprache, aber auch die Findung einer neuen „Sinngebung“ des eigenen Weltbildes und neuer Sinnbilder. In der Kunst von Josef Dieckmann spielt u.a. das Erbe des Expressionismus eine Rolle. Die elementaren Wirkungen der Farbe durch Vereinfachung der Formen sollten zurückgewonnen werden, in Verbindung mit ihren emotionalen Werten. Aber auch das „Geistige", neue Bereiche des „Seelischen“ sollten mit neuen Mitteln gestaltet werden.

 

So bewegt sich auch die Kunst von Josef Dieckmann zwischen dem Gegenständlichen und der Abstraktion. Menschliche Beziehungen, eine „Rückbesinnung“ auf christliche und humanistische Werte“ (Zitat: Bennie Priddy 1997) sind in seiner Kunst von Bedeutung. Seine Gemälde sind von großflächigen Farbfeldern geprägt. Die emotionalen Eigenschaften der Farben werden sichtbar. Oft dominieren einzelne Farben, z.B. Blau-Grün-Töne in einem Bild, oftmals werden miteinander kon-trastierende Farben eingesetzt. Dabei werden die kräftigen, reinen, ungebrochenen Farbflächen den zarten, hellen, feinabgestuften Flächen gegenübergestellt. Eine Steigerung der Gesamtwirkung erfahren die Kompositionen vielfach durch eine kräftige Konturlinie, insbesondere bei den Menschengestalten. Hierbei setzt Josef Dieckmann die Umrisslinie raumgestaltend ein. Die linearen Formen der Umrisse scheinen vor- und zurückzutreten, in ihrem Auf- und Abschwellen die Figuren zu umspielen. Diese Betonung des graphischen Elementes kommt seinen künstlerischen Neigungen besonders entgegen, denn er hat auch ein umfangreiches zeichnerisches Werk geschaffen. Dabei variiert der Künstler die technische Ausführung, von flüchtiger Andeutung bis hin zur genauesten Ausführung. Die Zeichnung ist ein ganz unmittelbarer und spontaner Ausdruck der Empfindungen und der Gestaltungsform.

 

Seit den 1980er Jahren wendet Josef Dieckmann sich verstärkt der freien Plastik und Skulptur zu, vornehmlich der Arbeit in Holz und Metall. Bei diesen Arbeiten handelt
es sich meistens um Auftragswerke. Er schafft Figurengruppen, Einzelfiguren, setzt sie aus verschiedenen Materialien und Objekten zusammen, häufig werden sie auch farbig gefasst und beschichtet. In seiner Heimatstadt Hamm hat er an der Hohen-hövelerstraße in Bockum-Hövel die Skulptur „Begegnungen“ geschaffen, eine gestikulierende Dreiergruppe von Menschen mit Regenschirmen. Auch in dieser Freiplastik zeigt sich seine Vorliebe für das graphische Element und die Linie, die
auf ihre Umgebung raumbezogen hergestellt sind und in einen Dialog mit ihrer Umgebung treten. Durch ihre Gestaltung weisen diese Figurengruppen häufig

einen scherenschnittartigen Charakter auf.

 

Einen breiten Raum im Schaffen von Josef Dieckmann nehmen die Werke ein, die er im öffentlichen Auftrag gefertigt hat, für profane und sakrale Bauten in Nordrhein-Westfalen, insbesondere auch in Hamm, sowie in Niedersachsen. Es handelt sich hier vor allem um Blei- und Betonglasfenster und Mosaikarbeiten. In Gelsenkirchen-Horst, in Buer-Resse, in Mesum bei Rheine, in Moers-Meerbeck, in Oberhausen, in mehreren Kirchen in Hamm und in Arnum bei Hannover schuf er Fenster und Mosaiken und fertigte Christus- und Marienbilder.

 

Bei der Glasmalerei, also der Herstellung farbiger Glasfenster mit bildlichen Dar-stellungen wird das Bild aus farbigen Glasstücken mit Hilfe von Bleiruten wie ein Mosaik zusammengesetzt. Dabei betonen die Bleiruten die Bildgestaltung und
bilden die Hauptkonturen. Diese Technik entspricht auch der künstlerischen Vorgehensweise von Josef Dieckmann: eine farbige Komposition wird durch
kräftige schwarze Konturen eingefasst. In Hamm schuf er 1978 in der katholischen Pfarrkirche St. Stephanus in Bockum-Hövel die Kreuzwegstationen in farbigem Mosaik. In der katholischen Pfarrkirche Heilig Kreuz in Hamm-Herringen stattete
er 1983 die Rückwand des Hauptaltars mit einem Mosaik mit der Darstellung des Abendmahls aus. In der St. Barbaraklinik in Hamm-Heessen gestaltete er ebenfalls ein Bleiglasfenster.

 

Mit diesen Arbeiten konnte er den Betrachter zum Nachdenken anregen und künstlerische Botschaften aussenden. Sie entsprachen seiner religiösen Grundhaltung und hatten ihren Sinnbezug in humanistischen und christlichen Werten.

 

 

Dr. Ellen Schwinzer, Hamm 2017